Historie Scheerer-Mühle

Historie der Scheerer-Mühle

Die erste urkundliche Erwähnung der "Unteren Mühle", welche dem Wasserlauf nach flussabwärts der Oberen Mühle liegt, reicht bis 1358 zurück. Damals hatte Ritter Otto von Kaltenburg, der mit Adelheit von Schwabsberg verheiratet war, seine Rechte und Besitztümer an das Kloster Königsbronn übereignet. Hierzu zählte neben anderen Gütern die o.g. Mühle und auch eine sogenannte Taverne. Damals gab es oft im Umfeld der Mühlen kleinere Schankwirtschaften, welche den angereisten Fuhrleuten als Labsal diente. Im Grunde kann davon ausgegenagen werden, dass der Mühlenstandort viel älter ist als bisher dokumentarisch nachweisbar.


Bis ins Jahr 1390 lassen sich deren Betreiber zurückverfolgen. Wie aber aus dem Bericht unter Vereinsnachrichten des Heimatvereins im BuG vom 05.07.2024 (Verfasser Wilfried Müller) zu entnehmen ist, führte bereits vor 1358 ein "Hans dem Schrieber" Mühle und Taverne.


Über die Jahrhunderte wechselten die Besitzer der Mühle häufig. Die Dokumente hierüber lassen wohl keine genaue Datierung der Besitzer oder auch Lehensverhältnisse der damaligen Zeit zu. Aber doch sind einige Namen belegt, die der Unteren Mühle wie folgt zugeordnet werden können:



  • 1390 Johannes Ravnest 
  • 1427 Hans Höfer
  • 1478 Konrad Wünsch
  • 1527 Hans Schnepf
  • 1582 Josef Schaupp
  • ? Jeremias Ravnest
  • 1691 Georg Ravnest
  • ? Wigilaus Ravnest
  • ? Johann Georg Blezinger
  • 1750 Christian Blicklen
  • 1760 Franz Kieninger
  • ? Zisterzienserkloster Königsbronn
  • 1765 Joachim Scheerer
  • ? Franz Scheerer
  • 1800 Joachim Grupp
  • 1830 Josef Stadelmeier
  • 1877 Kaspar Scheerer
  • ? Georg Scheerer
  • 1908 Kaspar Scheerer
  • 1963 Hans Scheerer


Das im Jahre 1715 urkundlich erwähnte Mühlengebäude der Unteren Mühle hatte ursprünglich vier Holzwasserräder. 

Oberkochen - historischer Lageplan Untere Mühle von 1751

Im Laufe vieler Jahre wechselten die Besitzer der Unteren Mühle häufig. So zwischen 1820 und 1825 erwarb Josef Stadelmaier die Untere Mühle und führte sie fast 40 Jahre lang , bis er sie wohl aufgrund von Geldschwierigkeiten 1862 an Kaspar Scheerer verkaufte. Allerdings noch ein paar Jahr auf der Mühle blieb.

Kaspar Scheerer konnte bis dahin auf eine über 100 Jahre alte Familientradition der Ziegelmacherei zurück schauen, welche ihren Sitz an der Ziegelhütte bei Königsbronn hatte. Da sich möglicherweise der Abbau von Lehm für die Ziegelproduktion nicht mehr lohnte, verkaufte Scheerer 1885 die Ziegelei an Georg Widmann , dessen Nachfahren die Ziegelhütte als ein erfolgreiches Ausflugslokal führten.

Ausschlaggebend für den Kauf einer Mühle könnte gewesen sein, dass der Sohn von Kaspar Scheerer,
Georg , das Müllerhandwerk erlernt hatte. Diese Information, sowie nachfolgende, entnahm ich, als Ersteller der Homepage des Mühlenvereins, dem Büchlein " Alt Oberkochen, Erzählungen und Berichte aus Oberkochens Vergangenheit, von Christhard Schrenk, Herausgeber Stadt Oberkochen, 1984 ". Weitere Informationen stammen aus dem umfangreichen Archiv des Heimatvereins Oberkochen e.V. .
 
Nachdem Kaspar Scheerer die Untere Mühle gekauft hatte ließ er die alten Gebäude abreißen. Es bedurfte in der Folge eine Bauzeit von etwa 6 Jahren, bis die
neue Mühle 1877 in Betrieb genommen werden konnte. Wie bereits erwähnt, wurden durch den Abriß die ursprünglichen vier Holzwasserräder durch ein großes, stählernes, oberschlächtig angetriebenes Wasserrad mit Rosetten-Armverband ersetzt. Etwa 8 Tonnen ist es schwer und hat einen Durchmesser von 3,30 Metern.

Kaspar Scheerer (geb. 16. Dez. 1821 - gest. 26. Jun. 1908) war mit Katharina Scheerer (geb. 04. Febr. 1829 - gest. 12. Okt. 1891) verheiratet.

Nach Kaspar folgte dessen Sohn
Johann Georg Scheerer (geb. 10. Nov. 1851 in Königsbronn - gest. 29. Mai 1894 bei einem tragischen Unfall mit seinem mit Holz beladenem Pferdegespann im Tiefental rechts oben am Hang) auf der Unteren Mühle als Müller. Maria Elisabetha Scheerer, geb. Benz (geb. 21. April 1857 - gest. 06. Febr. 1919 in Aalen) war seine Ehefrau. Nachdem Georg Scheerer tötlich verunglückte, heiratete sie ein zweites Mal und zwar Johann Georg Schieber, von Beruf Müller (geb. 10. Juni 1841 - gest. 08. Sept. 1906).
 
Nach Georg folgte dessen Sohn
Kaspar Scheerer (geb. 02 Mai 1887 - gest. 09. Mai 1963) auf der Unteren Mühle. Er war mit Sofie Scheerer, geb. Maier (geb. 21. Apr. 1889 - gest. 30. Jun. 1948) verheiratet. Gemeinsam hatten sie drei Kinder.


Hans Georg (geb. 19. Juli 1913 in Oberkochen - gest. 07. Sept. 1990 in Oberkochen)

Elisabetha Paulina (geb. 19. Sept. 1914 - gest. 12. Sept. 1995 in Aalen) und

Emil Karl (geb. 01.11.1920 in Oberkochen - gest. 05.06.2002 in Aalen) Emil Scheerer heiratete am 12. Okt. 1953 in Oberkochen Berta Emilie Inge Graf. Ihre Tochter Margarete und deren Sohn, welche nicht mehr in Oberkochen wohnen,  sind die letzten der Generationenfolge der Familie Scheerer.

Hans Scheerer war der letzte aktive Müller in der Generationenfolge der Scheerers. Er wohnte gemeinsam mit seiner Schwester Elisabetha Scheerer, genannt Elsbeth, in der in den allgemeinen Sprachgebrauch übergegangenen Scheerer-Mühle.

Während Kaspar zu seiner Zeit die Untere Mühle umbaute und durch ein kräftiges Stahlmühlrad aufwertete, entschloß sich Hans Scheerer
die Antriebstechnik der Mühle an grundlegenden Stellen mit Elektromotoren zu bestücken. Von seinen innovativen Gedanken ließ er sich auch nicht abbringen als ihm Ratschläge entgegen gebracht wurden, die da sinngemäß lauteten: "Da kannst Du ja Dein Wasserrecht abgeben, wenn Du deine Mühle mit Strom betreibst." Im Gegenteil. Hans Scheerer informierte sich weitergehend über alternative Energiegewinnung durch Wasserkraft.

Bereits 1949 stand Hans in Kontakt bzw. in Verhandlungen mit der Fa. J.M. Voith GmbH in Heidenheim (Brenz) über den Einbau einer liegenden Francisturbine mit Innenregelung . Diese Turbine hätte  das Wasserrad ersetzt. Die Gedanken an ein derartiges Projekt müssen Hans Scheerer bestimmt 10 Jahre lang beschäftigt haben, denn noch im Jahr 1959 erhielt er von der J.M. Voith GmbH technische Zeichnungen zur Umsetzung seines zunächst gedachten Anliegens allein über die Francisturbine die Mühlentechnik im Innern des Gebäudes mit Strom antreiben zu lassen.

Hans Scheerer ließ, soweit es  bekannt ist, in der zweiten Hälfte der 70er Jahre eine Ossberger Turbine zur Nutzung der Wasserkraft für die Stromerzeugung einbauen. Diese Turbine wurde durch Mitglieder des Mühlenvereins so in 2005/2006 grundüberholt und wieder in Betrieb genommen. Derzeit läuft sie mit einer Leistungsausbeute von 3 bis 5 kWh bei entsprechender Wassermenge.

Parallel dazu dreht sich das Mühlrad und erzeugt dort über einen angeschlossenen Generator eine Leistung, je nach Wassermenge von 3 bis 6 kWh 24/7/365.

Technik Scheerer-Mühle
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